Denkt man an die WM in Verbindung mit Torhüterleistungen, fallen den meisten Leuten wahrscheinlich so einige Patzer ein: Der legendäre Fehlgriff von David Seaman gegen Brasilien, von David Green gegen die USA oder auch von Oliver Kahn im Finale gegen Brasilien. Auch diese WM wartete wieder mit einigen Fehlern der Torhüter auf. So musste Iker Casillas gegen die Niederlande einen ganz bitteren Patzer verarbeiten, nachdem ihm der Ball vom Fuß gesprungen war, sodass Robin van Persie nur noch einschieben musste, Russland scheiterte auch deshalb in der Gruppenphase, weil Akinfeev gleich bei zwei der insgesamt vier kassierten Tore massiv patzte und Frankreich profitierte im Achtelfinale gegen Nigeria davon, dass Enyeama eine Flanke unterlief und die Führung somit miteinleitete.
Dennoch ist diese WM im positivsten Sinne eine WM der Torhüter. Vor allem das Achtelfinale wartete bislang mit einigen spektakulären Partien auf, die von teilweise überragenden Torhütern geprägt wurden. Das beste Beispiel gab die Partie der Deutschen gegen Algerien ab. In diesem Spiel zeigte sich, verteilt auf die beiden Keeper Neuer und Rais M’Bolhi. Wo der algerische Schlussmann sich vor allem auf die klassischen Torwartdisziplinen beschränkte und auf der Linie mehrmals stark reagierte, zeigte Neuer alle Facetten des modernen Torwartspiels in beeindruckender Art und Weise. Er lief reihenweise Stürmern den Ball ab, spielte weit in der eigenen Hälfte mit, war immer anspielbar, zeigte ein überragendes Stellungsspiel und musste somit tatsächlich mit den Händen kaum in das Geschehen eingreifen. Auch wenn Neuer mit dieser Interpretation ein absolutes Alleinstellungsmerkmal für sich beanspruchen konnte, gab es auch in den anderen Partien spektakuläre Leistungen zu sehen: Tim Howard zeigte gegen Belgien einen neuen WM-Rekord, als er 22 Schüsse parierte, Ochoa trieb Brasilien zur Verzweiflung und auch die Niederländer, der Costa Ricaner Keylor Navas rechtfertigte seine Wahl zum Torhüter des Jahres der Primera Division und zeigte seine Klasse in bislang jedem Spiel – vor allem Salpingidis dürfte noch lange Albträume leiden. Die WM geht also gerade erst in ihre richtig heiße Phase und schon jetzt sind zumindest die Torhüter gut drauf – es darf also mit weiteren Partien gerechnet werden, die in die Verlängerung oder sogar ins Elfmeterschießen gehen, weil zuvor kein oder kaum Tore gefallen sind. Dass fünf von acht Achtelfinalpartien in der regulären Spielzeit nicht entschieden werden konnte und es zudem nahezu kaum Tore in 90 Minuten gab, liegt zu großen Teilen an Torhütern, die ihren nicht immer sattelfelsten Vorderleuten einiges retten konnten.